0

Kurz vorweg: Sag die Wahrheit. Keine Beschönigung. Falsche oder unvollständige Angaben können im Schadensfall fatale Folgen haben (Leistungsablehnung, Rücktritt, Vertragskündigung, unter Umständen Schadensersatzforderungen). Hier erkläre ich, welche Vorschäden typischerweise angegeben werden müssen, wie du sie dokumentierst, welche Folgen Verschweigen hat und eine kurze Musterformulierung, die du verwenden kannst.

1) Grundsatz — Was zählt als «Vorschaden»?

Ein Vorschaden ist jede frühere Beschädigung, Beeinträchtigung oder ein Schadenereignis an der versicherten Sache (z. B. Fahrzeug, Haus, Inventar), das den aktuellen Zustand beeinflussen kann. Dazu gehören unfallbedingte Schäden, Wasserschäden, Brandschäden, Diebstahl- und Vandalismusschäden, aber auch größere Reparaturen oder Eingriffe, die den Wert oder die Funktion betreffen (z. B. Rahmenspenglerei, ausgetauschte Karosserieteile, instandgesetzte Elektronik nach Kurzschluss).

2) Konkrete Beispiele — Auto

Wenn es um Kfz-Versicherung oder Gebrauchtwagenkauf geht, müssen in der Regel angegeben werden:

  • Frühere Unfälle (auch wenn nur Blechschäden) — besonders wenn sie strukturelle/tragende Teile, Airbag-Auslösung oder Rahmen betrafen.

  • Totalschaden / wirtschaftlicher Totalschaden (auch wenn wieder instandgesetzt).

  • Vandalismus, Diebstahl oder Einbruchsschäden.

  • Wasserschäden / Hochwasser (auch wenn trocken gelegt/ repariert).

  • Brandschäden oder Brandspuren (auch klein).

  • Große Reparaturen an Motor, Getriebe, Fahrwerk, Bremsen, Lenkung oder Elektronik, vor allem wenn sie aus Schadenfolgen resultierten.

  • Austausch von Karosserieteilen (Kotflügel, Schweller, Rahmenteile) — insb. bei ersetzenden gebrauchten Teilen.

  • Einbau/Änderung der Fahrgestellnummer oder sonstige Manipulationen (z. B. Tachomanipulation).

  • Vorherige Gutachten, Wiederherstellungsrechnungen, Gutachterfeststellungen oder Reparaturrechnungen, die auf einen Schaden hindeuten.

Kleinere normale Gebrauchsspuren (leichte Kratzer, Steinschläge ohne tiefe Beschädigung) müssen oft nicht einzeln gemeldet — außer der Versicherungsvertrag verlangt das explizit.

3) Weitere Bereiche — Haus/Immobilie, Gewerbe, Haftpflicht

  • Haus / Gebäudeversicherung: Vorgängige Wasserschäden (Rohrbruch), Schimmel infolge früherer Schäden, Brandschäden, statische Schäden/Setzrisse, frühere Überschwemmungsschäden müssen erwähnt werden.

  • Hausrat / Geschäftsinhalt: Vorherige Diebstähle, größere Feuchtigkeitsschäden oder Schädlingsbefall mit wirtschaftlicher Bedeutung.

  • Betriebs-/Gewerbeversicherung: Frühere Haftpflichtfälle, Produktschäden, wiederkehrende Mängel in Produkten/Dienstleistungen.

  • Private Haftpflicht: Frühere Haftpflichtforderungen oder Urteile gegen dich/Unternehmen.

4) Wann genau angeben?

  • Bei Antragstellung: Alle bekannten relevanten Vorschäden, die der Versicherer im Antrag abfragt. Vertragsfragen immer wörtlich beantworten.

  • Vor Abschluss eines Kaufvertrags (z. B. Gebrauchtwagen): Als Verkäufer musst du bekannte Vorschäden offenlegen; als Käufer nachfragen und schriftlich dokumentieren.

  • Bei Zweifeln: Lieber angeben — die Offenlegung schafft Vertrauen und verhindert spätere Ablehnungen.

 

5) Welche Fristen/Zeiträume gelten?

Das variiert nach Versicherung und Vertrag. Manche fragen ausdrücklich nach Schäden in den letzten 3 oder 5 Jahren, andere möchten alle bekannten Vorschäden wissen. Lies die Fragen im Antrag genau und antworte so umfassend wie dort verlangt. Wenn keine Frist genannt ist: melde alle relevanten, bekannten Vorschäden.

6) Dokumentation — so machst du es sauber

  • Fotos vor und nach Reparatur, von Rechnungen, Gutachten und Kostenvoranschlägen aufbewahren.

  • Rechnungen / Werkstattbelege beifügen.

  • Schriftliche Gutachten (Sachverständige) dem Versicherer übergeben.

  • Bei Verkauf: Übergabeprotokoll mit Auflistung bekannter Vorschäden erstellen und vom Käufer unterschreiben lassen.

 

7) Folgen der Nichtangabe

  • Leistungsablehnung im Schadensfall, wenn der verschwiegenen Vorschaden die Ursache oder die Schadenhöhe beeinflusst.

  • Rückforderung bereits gezahlter Leistungen oder Rücktritt vom Vertrag.

  • Kündigung des Vertrags oder Eintrag in Schadenhistorie, negative Auswirkung auf Prämie oder Abschluss bei anderen Versicherern.

  • Im schlimmsten Fall rechtliche Folgen bei arglistiger Täuschung.

 

8) Was tun, wenn du einen Vorschaden vergessen hast anzugeben?

  • Sofort melden. Informiere den Versicherer umgehend schriftlich mit allen Unterlagen.

  • Erkläre, warum er nicht angegeben wurde (z. B. Unwissen, Missverständnis) — ehrliche Kommunikation hilft oft.

  • Lass dich rechtlich beraten, wenn es um größere Fälle geht.

 

9) Musterformulierung für die Meldung eines Vorschadens (kurz & klar)

Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit melde ich einen Vorschaden an [Gegenstand, z. B. „Fahrzeug (Kennzeichen/FIN …)“]: Am [Datum] kam es zu [kurze Beschreibung des Ereignisses: z. B. „einem Zusammenstoß mit einem Laternenpfahl; hintere Stoßstange und Kofferraum beschädigt; Airbags nicht ausgelöst“]. Reparatur wurde durchgeführt bei [Werkstatt, Rechnungssumme]. Anlagen: Rechnung, Fotos, Gutachten. Bitte um Bestätigung des Eingangs und Information, ob weitere Angaben benötigt werden.
Mit freundlichen Grüßen,
[Name]

10) Fazit — Klare Ansage

Sei vollständig, präzise und dokumentiert. Das schützt dich. Verschweigen ist nie ein Trick, sondern erhöht langfristig nur das Risiko, im Schadensfall ohne Leistung dazustehen. Wenn du willst, helfe ich dir konkret beim Formulieren für deinen Fall — z. B. beim Text für einen Fahrzeug-Antrag, ein Übergabeprotokoll beim Gebrauchtwagenverkauf oder einer Schadensmeldung an den Versicherer.

Versicherungsexperte Roland Richert Changed status to publish 2 Tagen ago