Unterversicherung liegt in der Sachversicherung (z.B. Hausrat- oder Wohngebäudeversicherung) vor, wenn die vereinbarte Versicherungssumme niedriger ist als der tatsächliche Versicherungswert (Neuwert oder Wiederbeschaffungswert) der versicherten Sache zum Zeitpunkt des Schadens.
1. Entstehung und Folgen
1.1 Entstehung
Eine Unterversicherung entsteht häufig durch:
- Fehlerhafte Ersteinschätzung: Der Wert des Hausrats oder Gebäudes wird zu Beginn des Vertrags zu niedrig angesetzt, oft um Prämien zu sparen.
- Wertsteigerung: Der Wert des Eigentums steigt nachträglich durch Neuanschaffungen (Möbel, Geräte, Schmuck), Umbauten oder allgemeine Preissteigerungen (Inflation), ohne dass die Versicherungssumme angepasst wird.
1.2 Die entscheidende Folge: Proportionalitätsregel (Kürzung)
Liegt eine Unterversicherung vor, zahlt der Versicherer im Schadensfall (auch bei einem Teilschaden) die Entschädigung nicht in voller Höhe, sondern nur anteilig (proportional).
Der Versicherungsnehmer trägt den unterversicherten Teil des Risikos selbst.
Beispiel:
- Versicherungswert (tatsächlicher Wert des Hausrats): 100.000 €
- Versicherungssumme (im Vertrag vereinbart): 80.000 €
- Schadenhöhe (z.B. Brand- oder Einbruchschaden): 10.000 €
In diesem Fall besteht eine Unterdeckung von bzw. . Der Versicherer zahlt nur des Schadens:
Der Versicherungsnehmer erhält nur 8.000 € und muss die restlichen 2.000 € selbst tragen
2. Vermeidung: Der Unterversicherungsverzicht
Die gängigste und wichtigste Methode zur Vermeidung der Kürzung im Schadensfall ist die Vereinbarung des Unterversicherungsverzichts (auch Unterversicherungsklausel oder -schutz genannt).
Wird dieser vereinbart, verzichtet der Versicherer darauf, die Proportionalitätsregel anzuwenden und kürzt die Leistung nicht, selbst wenn eine Unterversicherung vorliegt – die Entschädigung erfolgt dann bis zur maximal vereinbarten Versicherungssumme.
2.1 Voraussetzungen für den Verzicht
Der Unterversicherungsverzicht ist meist an die Bedingung geknüpft, dass die Versicherungssumme auf Basis eines Pauschalsystems korrekt ermittelt wurde.
- Quadratmetermodell (Hausrat): Die Versicherungssumme wird pauschal nach der Wohnfläche berechnet (z.B. bis pro Quadratmeter). Wenn der Kunde diese Mindestanforderung erfüllt und die Wohnfläche korrekt angibt, entfällt die Prüfung auf Unterversicherung.
- Gleitender Neuwert (Gebäude): Die Versicherungssumme passt sich automatisch dem Baukostenindex an, was eine inflationäre Unterversicherung vermeidet.