Derzeit bieten rund 730 Stromlieferanten in Deutschland einen Ökotarif an. Die Auswahl war auf Angebote mit einer maximalen Vertragsdauer von einem halben Jahr beschränkt. Inwiefern engagieren sich die Anbieter für den Wunsch der Kunden nach mehr Umweltschutz und der Förderung der Energiewende? Bei der Bewertung der Tarife legten die Tester den Fokus auf die Tarifbedingungen, insbesondere auf die Kündigungsfrist. Von besonderem Interesse war zudem das “ökologische Engagement” der Anbieter.
Im Rahmen der Untersuchung wurden alle Tarife daraufhin überprüft, ob sie die Mindestanforderungen an einen Ökostromtarif erfüllen. Dabei konnte festgestellt werden, dass alle getesteten Tarife diese Anforderungen erfüllen. Die Tarife liefern zu 100 Prozent Ökostrom. Bei der Zubauwirkung hingegen zeigen sich Unterschiede. Lediglich zwei der getesteten Tarife erfüllen diese Anforderung. Der Bau neuer Ökokraftwerke wird in der Regel auf zwei Arten gefördert: Entweder investieren die Stromanbieter einen Teil des Geldes direkt in neue Anlagen. Diese Aufpreistarife sind jedoch eher selten. Häufiger sorgen die Anbieter mit ihren Lieferverträgen dafür, dass der Strom für ihre Kunden stets aus Ökokraftwerken stammt, die ein Höchstalter nicht überschreiten. Dadurch werden laufend neue Kraftwerke gebaut.
Die Anbieter können sich die Zubauwirkung mit einem Zertifikat bescheinigen lassen. Die strengsten Maßstäbe werden vom ok-power-Label und vom Grüner-Strom-Label angelegt. Beide Label werden von Umwelt- und Verbraucherverbänden vergeben. Die Erfüllung von Umweltkriterien beim Bau der Ökokraftwerke ist Voraussetzung für die Vergabe der Label. Auch manche Zertifikate des TÜV Süd beinhalten eine Zubaugarantie, deren Effekt jedoch geringer ausfällt. Die Zertifikate werden als EE01 und EE02 bezeichnet. Andere TÜV-Zertifikate im Test garantieren keinerlei Zubau. Dies gilt ebenfalls für die europäischen RECS-Zertifikate mit dem vielversprechenden Namen “Renewable Energy Certificate System”. Hierbei handelt es sich lediglich um Herkunftsnachweise. Zudem besteht eine gewisse Verwirrung dadurch, dass manche Anbieter wie EWS Schönau und Greenpeace Energy eigene, zum Teil strengere, über die Label hinausgehende Maßstäbe setzen, welche sie vom TÜV Nord prüfen lassen.
Die Vertragsbedingungen der getesteten Tarife werden von der Hälfte der Anbieter mit gut, von der anderen Hälfte mit befriedigend bewertet. Grundsätzlich ist von einer Vorkassezahlung abzuraten, da diese von keinem der im Test berücksichtigten Anbieter verlangt wurde. Die Laufzeiten sollten kurz sein, maximal ein Jahr, um eine lange Bindung zu vermeiden. Ebenfalls positiv zu bewerten ist eine kurze Kündigungsfrist von vier Wochen. Als nachteilig erweist sich eine hohe Gebühr für eine unterjährige Abrechnung. Bis zu 21 Euro pro Abrechnung sind hier keine Seltenheit. Auch bei Bonus und Preisgarantie sollten Kunden aufmerksam sein. Viele Anbieter schränken die Preisgarantie im Kleingedruckten wieder ein und reichen Erhöhungen von Abgaben oder Steuern doch weiter. Für einen fairen Vergleich sollten Kunden daher auf die Preise ohne Bonus achten. Nur so lässt sich erkennen, was der Strom auch im zweiten Vertragsjahr kostet. Anbieter und Tarifrechner weisen hingegen die Preise gern mit Bonus aus.
Eine aktuelle Forsa-Umfrage zeigt, dass 61 Prozent der Verbraucher bereit sind, mehr für ihren Strom zu bezahlen, um die Energiewende voranzutreiben. Es besteht jedoch keine Notwendigkeit, für Ökostrom tief in die Tasche zu greifen. Für Verbraucher, die noch nie ihren Tarif gewechselt haben, besteht die Möglichkeit, mit Ökostrom zu sparen. Derzeit befindet sich ein Großteil der Haushalte in der Grundversorgung, dem meist teuersten Tarif. Im Januar 2012 betrugen die Kosten für eine Familie mit einem Verbrauch von 4.000 Kilowattstunden in den Grundversorgungstarifen der örtlichen Stromanbieter im Schnitt 1.046 Euro. Für einen Ökotarif mit Gütesiegel würden hingegen nur 1.010 Euro anfallen.